Ratte im Kalender, Hund auf dem Tisch
Kaum haben wir Fastnacht hinter uns gebracht, steht schon das nächste Großereignis an: Das Chinesische Neujahrsfest. Auch wenn es uns vorkommt, als hätten wir vor rund einem Monat erst ein neues Jahr begonnen, ist heute, am 6. Februar, der letzte Tag des alten Jahres. Mit dem siebten beginnt dann das Jahr im Zeichen der Ratte.
„Chinese New Year“ ist DAS Fest schlechthin in China, vergleichbar mit Weihnachten in der westlichen Welt. Viele Millionen Menschen machen sich dazu auf den Weg in ihre Heimat zu ihren Familien. Für viele Wanderarbeiter ist es das einzige Mal im Jahr, das sie Eltern, Kinder oder Ehepartner treffen. Deshalb wird natürlich üppig und über mehrere Tage gefeiert.
Freundlicherweise hat uns unser Chinesisch-Lehrer eingeladen, das Neujahrsfest mit ihm und seiner Familie zu verbringen. Deshalb haben wir uns heute Morgen mit unserem Fahrer auf den Weg in das rund 300 km von Shanghai entfernte Xin Chang aufgemacht. Mit dabei hatten wir einige Geschenke für die Familie und die Verwandten und eine Portion Spannung, worauf wir uns da wohl eingelassen haben könnten.
Gegen Mittag erreichten wir Xin Chang, wo uns unser Lehrer (chin. "lǎo shī") empfing. Er wohnt in einem kleinen Dorf außerhalb der Stadt, so dass wir die Fahrt noch eine Weile gemeinsam fortsetzten. Schließlich erreichten wir das Haus, in dem die Familie in recht einfachen Verhältnissen wohnt. Die Innenwände sind weitestgehend nackt, bestenfalls bemalt, und es gibt keine Heizung. Deshalb behielten wir unsere Jacken an, die anderen Familienangehörigen trugen auch dicke Winterjacken.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde gab es für unsere Fahrer und uns ein leckeres Mittagessen. Alles recht zivil, so dass sich unsere ersten Befürchtungen, was das Essen anging, zunächst verflüchtigten. Großzügig würde heißer gelber Wein ausgeschenkt. Nicht nur bei der Mittagsmahlzeit beeindruckte uns die Gastfreundschaft unserer Gastgeber. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen.
Die Tage rund um das Neujahrsfest verbringen die chinesischen Familien sehr viel Zeit zusammen. Es wird erzählt, ferngesehen, gespielt. Die beiden ersten Optionen fielen aus, denn unser „Hoch-Chinesisch“ ist zu schlecht und die Familie spricht noch dazu Dialekt. Also wurden wir kurzerhand in die Regeln des traditionellen Mah-Jongg-Spiels eingeführt. (Das funktioniert so ähnlich wie Rummi, weshalb die Tochter aus dem Hause Hack einen nicht zu unterschätzenden Vorteil mitbrachte. ;-)) Danach wurden viele Runden gespielt, wobei wir jeweils einen Assistenten an unserer Seite hatten. Bemerkenswert der vollelektronische Mah-Jongg-Tisch in der Mitte des kargen Raumes, der auf Knopfdruck Steine verschlucken konnte, mischte und anschließend portionsweise wieder an die Oberfläche beförderte!
Nach dem Spiel gab es im Haus des Onkels ein großes Abendessen. Wie üblich wurden unzählige Gerichte aufgefahren und in der Mitte des runden Tisches auf einem drehbaren Untersatz positioniert. Da waren dann auch Dinge dabei, die bei der Bauernschänke in der Unterortstraße nicht unbedingt auf die Tageskarte kommen würden: Es gab Hund, es gab Schildkröte, es gab Schlange. Die ersten beiden haben wir probiert, die Schlange ging nicht, keine Chance. Ansonsten konzentrierten wir uns auf vertraute Zutaten, was bei der großen Auswahl nicht schwer fiel.
Es ist Tradition, dass jedes Mitglied der Gastgeberfamilie jedem Gast einmal Wein nachschenkt. Insofern kamen wir auch heute bei den Getränken nicht zu kurz. Quasi als Dessert spielte der Sohn des Hauses einige kurze Lieder auf einer seltsamen Trompete und einer Flöte, wobei wir uns in Anbetracht des allseits hoffnungsvoll erwarteten Rattenjahres die Geschichte vom Hammelner Rattenfänger gerade noch verkneifen konnten. Bianka präsentierte anschließend einen selbstgebackenen Marmorkuchen, der auf großes Interesse stieß. (Von der Schildkröte war nach dem Essen mehr übrig als vom Kuchen…)
Im Anschluss wurde eine neue Spielerunde eingeläutet, wobei nun ein kurzweiliges Würfelspiel um etwas Geld an der Reihe war. Unglücklicherweise war das Glück auf Biankas Seite, und meine Frau dürfte an diesem Abend einige Rentner um einen nicht unerheblichen Teil ihrer Monatsrente gebracht haben. Es war aber wirklich nichts zu machen, die Würfel vielen einfach für sie. Interessanterweise stießen aus der Nachbarschaft immer mal wieder Mitspieler für einige Runden zu uns und verschwanden ebenso unauffällig wieder. Gegen halb acht endete das Spiel und wir verabschiedeten uns für diesen Tag.
Inzwischen sind wir in unserem Hotel in der Stadt. Wir sind froh, dass wir uns für die Hotelübernachtung entschieden haben. Nicht nur, dass wir ganz schön durchgefroren waren und furchtbar nach dem Rauch des provisorischen Kohlenfeuers riechen, sondern einfach die Tatsache, dass dieser Tag so voller China-Erfahrungen war, dass wir uns einfach für ein paar Stunden zurückziehen müssen. Es ist bemerkenswert wie „anders“ das Leben sein kann.
Während wir unsere Klimaanlage auf Kurs bringen und es uns schön warm machen, wird draußen tausendfach wild mit Feuerwerk experimentiert, es blitzt und knallt. Das ist schon seit Stunden so, und wird wohl auch noch viele Stunden so weiter gehen. Wir bleiben noch bis Freitag oder Samstag hier vor Ort und werden sicherlich noch einiges erleben. In diesem Sinne: Frohes Neues! :-)
„Chinese New Year“ ist DAS Fest schlechthin in China, vergleichbar mit Weihnachten in der westlichen Welt. Viele Millionen Menschen machen sich dazu auf den Weg in ihre Heimat zu ihren Familien. Für viele Wanderarbeiter ist es das einzige Mal im Jahr, das sie Eltern, Kinder oder Ehepartner treffen. Deshalb wird natürlich üppig und über mehrere Tage gefeiert.
Freundlicherweise hat uns unser Chinesisch-Lehrer eingeladen, das Neujahrsfest mit ihm und seiner Familie zu verbringen. Deshalb haben wir uns heute Morgen mit unserem Fahrer auf den Weg in das rund 300 km von Shanghai entfernte Xin Chang aufgemacht. Mit dabei hatten wir einige Geschenke für die Familie und die Verwandten und eine Portion Spannung, worauf wir uns da wohl eingelassen haben könnten.
Gegen Mittag erreichten wir Xin Chang, wo uns unser Lehrer (chin. "lǎo shī") empfing. Er wohnt in einem kleinen Dorf außerhalb der Stadt, so dass wir die Fahrt noch eine Weile gemeinsam fortsetzten. Schließlich erreichten wir das Haus, in dem die Familie in recht einfachen Verhältnissen wohnt. Die Innenwände sind weitestgehend nackt, bestenfalls bemalt, und es gibt keine Heizung. Deshalb behielten wir unsere Jacken an, die anderen Familienangehörigen trugen auch dicke Winterjacken.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde gab es für unsere Fahrer und uns ein leckeres Mittagessen. Alles recht zivil, so dass sich unsere ersten Befürchtungen, was das Essen anging, zunächst verflüchtigten. Großzügig würde heißer gelber Wein ausgeschenkt. Nicht nur bei der Mittagsmahlzeit beeindruckte uns die Gastfreundschaft unserer Gastgeber. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen.
Die Tage rund um das Neujahrsfest verbringen die chinesischen Familien sehr viel Zeit zusammen. Es wird erzählt, ferngesehen, gespielt. Die beiden ersten Optionen fielen aus, denn unser „Hoch-Chinesisch“ ist zu schlecht und die Familie spricht noch dazu Dialekt. Also wurden wir kurzerhand in die Regeln des traditionellen Mah-Jongg-Spiels eingeführt. (Das funktioniert so ähnlich wie Rummi, weshalb die Tochter aus dem Hause Hack einen nicht zu unterschätzenden Vorteil mitbrachte. ;-)) Danach wurden viele Runden gespielt, wobei wir jeweils einen Assistenten an unserer Seite hatten. Bemerkenswert der vollelektronische Mah-Jongg-Tisch in der Mitte des kargen Raumes, der auf Knopfdruck Steine verschlucken konnte, mischte und anschließend portionsweise wieder an die Oberfläche beförderte!
Nach dem Spiel gab es im Haus des Onkels ein großes Abendessen. Wie üblich wurden unzählige Gerichte aufgefahren und in der Mitte des runden Tisches auf einem drehbaren Untersatz positioniert. Da waren dann auch Dinge dabei, die bei der Bauernschänke in der Unterortstraße nicht unbedingt auf die Tageskarte kommen würden: Es gab Hund, es gab Schildkröte, es gab Schlange. Die ersten beiden haben wir probiert, die Schlange ging nicht, keine Chance. Ansonsten konzentrierten wir uns auf vertraute Zutaten, was bei der großen Auswahl nicht schwer fiel.
Es ist Tradition, dass jedes Mitglied der Gastgeberfamilie jedem Gast einmal Wein nachschenkt. Insofern kamen wir auch heute bei den Getränken nicht zu kurz. Quasi als Dessert spielte der Sohn des Hauses einige kurze Lieder auf einer seltsamen Trompete und einer Flöte, wobei wir uns in Anbetracht des allseits hoffnungsvoll erwarteten Rattenjahres die Geschichte vom Hammelner Rattenfänger gerade noch verkneifen konnten. Bianka präsentierte anschließend einen selbstgebackenen Marmorkuchen, der auf großes Interesse stieß. (Von der Schildkröte war nach dem Essen mehr übrig als vom Kuchen…)
Im Anschluss wurde eine neue Spielerunde eingeläutet, wobei nun ein kurzweiliges Würfelspiel um etwas Geld an der Reihe war. Unglücklicherweise war das Glück auf Biankas Seite, und meine Frau dürfte an diesem Abend einige Rentner um einen nicht unerheblichen Teil ihrer Monatsrente gebracht haben. Es war aber wirklich nichts zu machen, die Würfel vielen einfach für sie. Interessanterweise stießen aus der Nachbarschaft immer mal wieder Mitspieler für einige Runden zu uns und verschwanden ebenso unauffällig wieder. Gegen halb acht endete das Spiel und wir verabschiedeten uns für diesen Tag.
Inzwischen sind wir in unserem Hotel in der Stadt. Wir sind froh, dass wir uns für die Hotelübernachtung entschieden haben. Nicht nur, dass wir ganz schön durchgefroren waren und furchtbar nach dem Rauch des provisorischen Kohlenfeuers riechen, sondern einfach die Tatsache, dass dieser Tag so voller China-Erfahrungen war, dass wir uns einfach für ein paar Stunden zurückziehen müssen. Es ist bemerkenswert wie „anders“ das Leben sein kann.
Während wir unsere Klimaanlage auf Kurs bringen und es uns schön warm machen, wird draußen tausendfach wild mit Feuerwerk experimentiert, es blitzt und knallt. Das ist schon seit Stunden so, und wird wohl auch noch viele Stunden so weiter gehen. Wir bleiben noch bis Freitag oder Samstag hier vor Ort und werden sicherlich noch einiges erleben. In diesem Sinne: Frohes Neues! :-)
stolli - 6. Feb, 23:12
Höllenlärm