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Ereignisse & Feste

Dienstag, 8. Dezember 2009

Weihnachtsmarkt, fast wie zu Hause.

Auf dem Weihnachtsmarkt waren wir nun auch. Es ist ja so, dass die Weihnachtsmärkte in Deutschland schon geschlossen sein werden, wenn wir einschweben. Also müssen wir unsere Gemüter noch hier vor Ort ein wenig vorweihnachtlich aufladen.

Der Weihnachtsmarkt vor dem Paulaner in den Fenyang Lu ist vielleicht der einzige Weihnachtsmarkt der Welt, der Eintritt kostet. Der Preis ist mit 10 RMB pro Person nicht hoch, aber immerhin. Dafür bietet er eine kleine vorweihnachtliche Oase in der ansonsten betriebsamen Stadt. In niedlichen Hütten werden Kunstgegenstände, Weihnachtsutensilien und Geschenke angeboten. Fast so wie in Deutschland. Für umgerechnet rund 80 Euro soll man auch einen Weihnachtsbaum aus Dänemark bekommen können. Kitschigen Fake-Kram, wie man ihn draußen überall in Shanghai bekommt, gibt es nicht. Dafür haben die Preise aber eben auch gutes West-Niveau.

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Im letzten Jahr war die Anzahl der Stände etwas größer, außerdem war noch mehr los. Am guten Geschmack der Bratwürste konnten wir keine Veränderung feststellen. Bunte Meeresfrüchte-Suppen und Udon-Nudeln passen aber irgendwie nicht auf so einen Markt, selbst wenn er sich bis in den Vorgarten eines japanischen Restaurants erstreckt.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Hochzeitsfeiern von kurz bis spät

Zwei Hochzeitsfeiern wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können: Wir hatten gestern Abend die Gelegenheit, einer chinesischen Hochzeitsfeier beizuwohnen und im Anschluss mit deutschen Freunden ihre Hochzeit nachzufeiern. So viel junges Glück ist an einem Abend ja kaum zu fassen!

Zunächst die Hochzeitsfeier der Tochter unseres Fahrers nach traditioneller chinesischer Prozedur: Gegen halb sechs trafen wir im Hotel ein, wo die Zeremonie stattfinden sollte. Sehr freudig stellte unser Fahrer uns seine Frau und das Brautpaar vor, die sich mehrfach für unsere Teilnahme bedankten. Umgekehrt bedankten wir uns für die Einladung, mehr war aufgrund sprachlicher Barrieren und im Getümmel zwischen Tür und Angel nicht möglich. (In solchen Situationen bemerkt man besonders die kulturellen Hürden: Wie ist das beispielsweise mit dem Händeschütteln? In Deutschland eine Selbstverständlichkeit, aber hier allenfalls ein Kann. Wer macht den Anfang? Was erwartet der Gegenüber?)

Beim Betreten des Saales waren alle Augen auf uns gerichtet. Manchmal ist man hier eben ein Superstar! Unser Fahrer brachte uns an einen der runden Tische und stellte uns kurz darauf seiner Mutter vor, die sich auch noch etliche Male für unser Kommen bedankte und angeblich zuvor noch nie zu Ausländern Kontakt hatte. So gut es ging, lobten wir ihren Sohn in ihrem Beisein, was sie sehr freute und umgehend weitere Dankeshymnen auslöste. Anschließend wurden wir in die Obhut einer Kollegin der Braut gegeben, die des Englischen mächtig und damit eine echte Hilfe war, die folgende Prozedur zu verstehen.

Als sich der Saal gefüllt hatte, wurden erste kalte Speisen aufgetischt. Nach und nach kategorisierten wir die eintreffenden Gerichte hinsichtlich Essbarkeit. Statt dem Abendessen begann aber nun der offizielle Teil der Veranstaltung: Im abgedunkelten Saal wartete der in einem schwarzen Anzug agierende Bräutigam auf der Bühne auf die Braut, die zusammen mit ihren Eltern auf einem roten Teppich den Raum betrat. Gemäß der traditionellen Zeremonie bedankte sich die Braut herzlich bei ihren Eltern und verabschiedete sich symbolisch von ihnen. Das war wirklich rührend. Anschließend ging sie auf die Bühne zu ihrem Zukünftigen.

Im weiteren Verlauf versprachen sich die neuen Eheleute vor der versammelten Festmannschaft Liebe und Treue, was ein wenig an den Ritus westlicher Kirchen erinnerte, bei dem sich die Ehepartner gegenseitig als Mann bzw. Frau annehmen. Anschließend wurden Ringe ausgetauscht und die frisch Verheirateten durften sich küssen. Das ganze wurde moderiert von einem professionellen Sprecher mit hypnotisierender Stimme, eine Hand voll Bühnentechniker tauchten die Akteure in das rechte Licht und sorgten in allen Stadien für gediegene Beschallung. Eine sehr gelungene Inszenierung.

Daraufhin ging es richtig los: Das Essen begann! Die Vorspeisen waren noch nicht einmal zur Hälfte analysiert, da wurden schon unglaubliche Mengen an Hauptspeisen aufgefahren. Wie wir später erfahren durften, handelte es sich um Speisen, die typischerweise bei Hochzeiten serviert werden. Warum, ließ sich nicht abschließend klären. Das ist halt so. Unser Favorit war die Peking Ente, die allerdings schwierig zu essen ist, und ein Bambusgemüse. Die Haifischflosse ignorierten wir ebenso wie diverse Meeresfrüchte-Suppen und die Schildkröte. Letztere fand aber auch unter den chinesischen Mitessern an unserem Tisch kaum Freunde. Für die Hochzeitstorte fehlte das richtige Werkzeug, aber wir waren auch gar nicht so hungrig.

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Während des Essens tauchten die Brautleute immer mal wieder auf der Bühne auf, jedes Mal in einem anderen Outfit. Neben symbolischen Aktivitäten wie dem gegenseitigen Austauschen der Eltern gab es eine Verlosung: Für einige Gäste mit Sicherheit der Höhepunkt der Veranstaltug! Glücklicherweise blieb uns ein Gewinn erspart. Obwohl sich die Chinesen um uns herum sicherlich sehr für uns gefreut hätten. (Wir hatten schon Angst, dass die Tombola getürkt sein könnte, und wir - als Ehrengäste - den Hauptpreis gewinnen würden. Gewundert hätte es uns nicht.) Alles in allem eine große Gaudi.

Im nächsten Schritt zog das Brautpaar mit Gläsern und Flaschen von Tisch zu Tisch, um mit den Gästen anzustoßen. In dem meisten Fällen ging das zügig, weil jeweils der gesamten Tischgruppe zugeprostet wurde. Nur von den Freunden des Bräutigams bestanden mehrere junge Leute darauf, mit dem Frischvermählten individuell ein Gläschen Likör zu leeren, was die gesamte Runde Zeit und den armen Frackträger schließlich einiges an Zurechnungsfähigkeit kostete.

Dann war es aber auch schon kurz nach acht Uhr (abends), die Feier dauerte also schon etwas mehr als zwei Stunden, und die ersten Gäste wurden unruhig. Obwohl sich auf den Tischen noch Gerichte für drei Wochen türmten, verabschiedeten sich die ersten. Nach weiteren Minuten war bereits der halbe Saal leer. Wir nutzten die Verwirrung, um mit unserem Fahrer und seiner Frau ein, zwei Becher Bier zu trinken. Sonst ist das schließlich schlecht möglich: Einer von uns muss ja immer fahren. ;-)

Es muss gegen halb neun gewesen sein, als auch wir uns dann verabschiedeten. Die Frau unseres Fahrers raffte spontan noch die verbliebenen Süßigkeiten der Tischdekoration zusammen, um sie uns mitzugeben. Nach weiteren Dankeslitaneien von beiden Seiten und der persönlichen Verabschiedung von der Braut (der Bräutigam war vermutlich gerade beim Magenauspumpen) wurden wir von den Brauteltern bis zum Taxi geleitet. Das war wirklich süß!

Noch etwas irritiert von der Geschwindigkeit der Feier machten wir uns also auf zur westlichen Hochzeitsfeier von unseren lieben Freunden, die nach legendären Junggesellenabschieden in Shanghai vor kurzem in Deutschland ihre Hochzeit begangen hatten und nun mit zwei anderen Frischverheirateten deutsch-deutschen bzw. deutsch-chinesischen Pärchen nachfeierten. Was wir dort vorfanden entsprach natürlich eher unseren Vorstellungen von einer "Feier", immerhin wurde noch gefeiert, auch wenn es natürlich keine offizielle Zeremonie gab.

Originellerweise fand die Veranstaltung im Spa-Bereich im oberen Stockwerk eines Hotels statt, was eine sehr entspannte Atmosphäre und von der Dachterrasse einen einmaligen Ausblick auf die andere Seite der Stadt ermöglichte. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, um uns etwas vom Buffet zu nehmen, denn übermäßig satt hatten wir die erste Hochzeitsfeier des Abends nicht verlassen. Es gab Hefeweizen vom Fass, und ein DJ hauchte dem Volk auf der Tanzfläche nach und nach Leben ein, zu späterer Stunde originellerweise auch mit deutschem Liedgut. Wenn man mit Blick auf die Skyline von Pudong Hits wie "Freiheit" oder "Westerland" mitgrölensingen kann, sind das einzigartige Erlebnisse. Unbezahlbar!

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Interessant waren ohne Zweifel beide Hochzeitsfeiern des Abends, aber am Ende des Tages weiß man natürlich schon, wo man zu Hause ist. (Das ist in diesem Fall rein metaphorisch zu verstehen.) Wir haben uns auch gefragt, warum die Chinesen so seltsam kurz feiern, obwohl der Aufwand doch ähnlich groß ist wie bei einer ausgiebigen Hochzeitsparty im Westen. Aber vieles bleibt hier eben einfach ein Rätsel. Also freuen wir uns einfach, dass wir dabei sein durften. Der Abend war gewiss nicht langweilig!

Montag, 30. November 2009

3:51:55 - stolli siegt beim Shanghai-Marathon

... über den eigenen Schweinehund. Für ein Plätzchen auf dem Treppchen reichte das zwar nicht, aber für Platz 968 von über 3.000 registrierten Marathon-Männern. Im Folgenden die wichtigsten Stationen der gestrigen Veranstaltung:

6.30 Uhr: stolline und ich treffen im dunklen Startbereich des Großereignisses ein. Erste übermotivierte Mitstreiter beginnen ihr Aufwärmprogramm auf der regennassen Strecke.

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6.44 Uhr: Nach mehreren Mikrofonproben startet das dynamische Musikprogramm des Morgens. Über kräftige Boxen wird elektronische Musik eingespielt. Einiges erinnert an die Love-Parade, auch die knappen Laufkleider einiger Athleten bei gefühlten 6 Grad Außentemperatur.

6.52 Uhr: Unserer Fahrer hat den Wagen irgendwo im Getümmel geparkt und weicht mir fortan nicht mehr von der Seite. Das wird sich fast bis zum Ziel nicht mehr ändern. ;-)

7.01 Uhr: In der Warteschlange vor den öffentlichen Klos tauschen sich zwei Konkurrenten über ihre Erfahrungen mit dem "Great Wall"-Marathon und ihre Ambitionen für die Verbesserung ihrer persönlichen Bestzeit von 2:54 aus. Ich will erstmal nur in das grüne Toilettenhäuschen.

7.09 Uhr: Auf einem Podest unweit der Startmarkierung gibt ein professioneller Darsteller zu lauter Musik den Hampelmann: Öffentliches Aufwärmprogramm! Ob die Äthiopier in der ersten Reihe auch mitmachen?

7.13 Uhr: Der Weg in den Startblock führt durch etwa 10.000 auf den "Fun-Marathon" (4,5 Kilometer) wartende Freizeitläufer mit spitzen Knochen.

7.22 Uhr: Im dichtgedrängten Feld wartender Athleten profitiert man vom Aufwärmprogramm der benachbarten Läufer. Irgendwie sind auch Akteure ohne Startnummer in den Startbereich gelangt. Kandidaten mit Jeans und Lederschuhen sind besonders verdächtig.

7.30 Uhr: Ein Schuss fällt, das Volk jubelt. Der offensichtlich auch aus dem Ausland stammende Läufer neben mir fragt: "Was this the start? Or was it an execution??" Lachen, und warten darauf, dass es auch bei uns nun langsam losgeht.

7.34 Uhr: Die Umwelt setzt sich langsam in Bewegung. Ein letzter Blick zu stolline macht Mut. Das Läuferfeld wird zwischen den Banden Richtung Start gespült.

7.37 Uhr: Beim Überqueren der Startlinie setzt ein geschickter Druck mit dem rechten Zeigefinger die Stoppuhr des Pulsmessers an meinem Handgelenk in Gang. Zu diesem Zeitpunkt passiert der Führende vermutlich gerade die 2-Kilometer-Marke.

0,2 Kilometer: An schnelles Laufen ist noch nicht zu denken. Zu dicht gedrängt sind die Akteure auf der breiten Straße. Ab und an bietet sich mal eine Lücke, um ein oder zwei Positionen gut zu machen.

0,6 Kilometer: In der ersten Rechtskurve geht es drunter und drüber. Ortskundige Läufer suchen die Abkürzung durch den bepflanzten Vorgarten eines Bürohauses.

1,1 Kilometer: Bei der großen Anzahl an mitgeführten Bannern und Fahnen könnte man auch meinen, es handele sich um eine Demonstration. Aber wir sind ja in China.

1,5 Kilometer: Noch immer ist es eng. Eigenes Tempo kann man kaum laufen. Allerdings ist das Feld auch recht schnell unterwegs.

1,9 Kilometer: Chinesische Folkloregruppen sorgen in merkwürdigen Kostümen für ausgelassene Stimmung am Streckenrand.

2,2 Kilometer: "Caio, Caio"-Rufe aus dem Publikum peitschen die Läufer nach vorn. Das ist ja wie in Frankfurt, denke ich mir und wundere mich.

2,7 Kilometer: An den Außenseiten bieten sich nun Lücken zum Überholen. Manchmal bleibt man aber auch in einer Menschentraube kleben. Ein Japaner erkennt meine Ambitionen und schickt mich mit einem kräftigen Klapps auf meine rechte Schulter in die Lücke vor ihm.

3,1 Kilometer: Schwenkbare Kameras über der Strecke sorgen insbesondere bei asiatischen Mitläufern für spontane Begeisterungsschübe, Freudensprünge und hektische Winkeinlagen. "Komm' ich jetz' in Fernsehn?"

3,8 Kilometer: Vorsicht: Frauen mit geflochtenen Pferdeschwänzen sind zwar vor dem Überholen hübsch anzuschauen, auf gleicher Höhe wandelt sich der Haarschmuck aber zu einem rotierenden Morgenstern!

4,5 Kilometer: Der Zielbereich des "Fun-Marathon" ist nach etwa 26 Minuten passiert.

5,1 Kilometer: Unter den mitlaufenden Einheimischen setzt sich langsam die Erkenntnis durch, das 20 Meter zuvor die erste Verpflegungsstation war. Plötzlich laufen Menschen in alle Richtungen.

7,0 Kilometer: Zum ersten Mal ist eine Kilometermarke wirklich sichtbar. Ob es vorher schon welche gab?

8,9 Kilometer: Großstadtfeeling! Unmittelbar neben der zweispurigen Laufstrecke warten etliche Busse mit laufendem Motor. Die Raucher im Feld können Boden gut machen, alle anderen fallen zurück.

9,7 Kilometer: Gelegentlich verengt sich die Strecke auf eine Spur. Beim Einfädeln geht es drunter und drüber. Außer bunten Hütchen kommt aber niemand zu Fall.

10,2 Kilometer: Auch die zweite Verpflegungsstation lässt mich noch kalt. Ist schließlich ein Wettlauf, keine Gourmetreise!

11,4 Kilometer: Eine vermummte Frau auf einem Fahrrad motiviert die Laufgruppe an einer Steigung mit lautstarken Kommandos und der Ansage, dass dies die steilste Stelle des Wettbewerbs sei. Später wird sich herausstellen, dass sie womöglich das falsche Streckenprofil im Kopf hatte. Für den Moment tut es dennoch gut.

11,9 Kilometer: Beim Herauskramen der Pulsuhr am linken Arm zwischen Jacke und Handschuhen betätige ich versehentlich den Stopp-Knopf. Also muss der Zeitmesser neu gestartet werden - und fortan werden Zwischenzeiten im Kopf berechnet.

12,3 Kilometer: Ohje! Das gefürchtete linke Knie meldet sich zum ersten Mal. Sauber laufen, sonst kann man nichts tun.

13,8 Kilometer: Das hauseigene Verpflegungsteam ist da: Es gibt einen ordentlichen Schluck Gatorade und ein gutes Gefühl.

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15,5 Kilometer: Die Wege der Halbmarathon- und Marathon-Läufer trennen sich. Zum ersten Mal kommt mir die Idee, dass ein Halbmarathon eigentlich auch eine tolle Sache ist. Zu spät.

16,2 Kilometer: Es geht tierisch bergauf, wir müssen über eine Autobahnbrücke. Die ersten gehen. Dank kräftiger Armarbeit kann ich mein Tempo halten. Runter rollt's. Und wir sind noch super in der Zeit!

16,9 Kilometer: Die Strecke führt etwa sieben Kilometer (gefühlt wie 18 Kilometer) nur gerade aus. Fast über die gesamte Distanz stauen sich die Autos, LKWs und Busse und blasen Schlechtes in Luft.

18,2 Kilometer: Immer wieder lautstark "Caio, caio!" von den Rängen. Ob das der chinesische Ausdruck für "Quäl Dich, Du Sau!" ist?

18,8 Kilometer: Erster Kontakt mit einer Verpflegungsstation. Das zuckersüße Getränk unbekannter Bauart tut gut.

20,0 Kilometer: Fast Halbzeit.

21,1 Kilometer: Halbzeit.

21,4 Kilometer: Ein langer Mann wird zu meinem Referenzläufer bestimmt. Ich habe das Gefühl, dass er das richtige Tempo läuft. So lange ich ihn sehen kann, sollte alles in Ordnung sein.

23,9 Kilometer: Die Zahl der Athleten, die mich überholen, steigt. Aber der Refenzmann ist noch zu sehen! Ich versuche etwas aufzuschließen.

26,0 Kilometer: Mitten im Nichts! 26 Kilometer sind nicht viel, noch 16 Kilometer sind nicht wenig. Außerdem ist der Referenzmann weg.

26,7 Kilometer: Die Stadt ist hier hässlich, schmutzig, langweilig. Warum läuft man ausgerechnet diese verdammte Straße?

28,8 Kilometer: Das Versorgungsteam ist wieder da: Ein weiterer Schluck aus der Pulle, aufmunternde Worte. Erzengel Horst ist eine enorme Unterstützung!

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30,2 Kilometer: Der ausgedünnte Pulk verlässt die Hauptstraße und läuft durch ein ruhiges Industriegebiet. Mein Rhythmus stimmt, auch wenn chinesische Folkloretrommler versuchen, diesen zu stören. Tanzt mal Samba, wenn sie Walzer spielen!

31,9 Kilometer: An das süße isotonische Getränk der Organisatoren kann man sich gewöhnen.

32,2 Kilometer: Nicht einmal mehr 10 Kilometer. Das macht Mut, auch wenn die Beine schlapp sind.

32,6 Kilometer: Das Verpflegungsteam mit dem schwarzen Santana ist wieder an der Strecke. Trotz Widerstand muss ich eine halbe Banane essen. Ich höre ein aufmunterndes "Jetzt hast Du gleich die 35!", bevor ich Minuten später die 34 Kilometer-Marke sehe. Immer dieselben Tricks!

33,1 Kilometer: Es geht wieder unendlich lang gerade aus. Diesmal auf einer der Hochstraßen, dem innerstädtischen Autbahnnetz von Shanghai. Ein bis zwei Spuren sind für Autos gesperrt. Fiese Anstiege und Gefälle im Wechsel.

35,6 Kilometer: Die Schallschutzwand der Hochstraße bietet Windschutz - und für einige Mitstreiter die Möglichkeit, die verkrampften Beine hochzulegen. Die Zahl der Geher und der Läufer ist etwa gleich hoch, ich trabe mit. Ich weiß, dass ich Zeit verliere, aber im Moment geht einfach nicht mehr.

37,1 Kilometer: Mein Team ist wieder am Streckenrand - vorher hatten sie mich schon auf der Hochstraße überholt. Tausche durchgeschwitzte Jacke gegen eine Flasche Gatorade.

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37,4 Kilometer: Am Streckenrand wird in kleinen Schnapsbechern eine grüne Flüssigkeit ausgeschenkt. Ich lehne dankend ab. Wer weiß, was das wieder ist...

37,6 Kilometer: Originelles Streckenstück: Auf der einen Straßenseite geht es lange hin, auf der anderen Seite lange zurück. Die Aussicht, abzukürzen, ist verlockend. Aber die Streckenposten sind wachsam.

38,8 Kilometer: Auf dem Rückweg sieht man diejenigen, die hinter einem laufen. Das macht irgendwie Mut. Außerdem ist mein langer Referenzmann wieder am Horizont zu erkennen!

39,2 Kilometer: Nur noch drei Kilometer und so etwas wie Endspurt-Feeling. Plötzlich habe ich wieder Saft in den Beinen.

39,7 Kilometer: Mich beschäftigt die Frage, ob man damals nach der gewonnenen Schlacht von Marathon nicht auch einen kürzeren Weg von Marathon nach Athen hätte laufen können.

39,9 Kilometer: Ein eher analytischer Typ am Straßenrand weiß es ganz genau: "Come on! 4 hours if you push it!" Das ist cool! Da ich aber ohnehin etwa sieben Minuten nach Beginn der Zeitmessung gestartet war, sollten die vier Stunden auch so drin sein. :-)

40,4 Kilometer: Es läuft wie auf den ersten Metern. Der Referenzmann ist eingefangen.

40,9 Kilometer: Letzte Steigung, da bin ich immer gut. In meinem Umfeld bin ich jetzt einer der schnelleren, kann viele Positionen gut machen.

41,2 Kilometer: Von weitem sieht man das Ziel am Ende der Straße.

42,0 Kilometer: Das was wie das Ziel am Ende der Straße aussah, ist nicht das Ziel. Es geht noch mal um die Ecke. Noch zweihundert Meter. Das ist nichts. Es sind viele Leute am Streckenrand, aber ich bemerke sie nicht.

42,1 Kilometer: Endspurt, offenbar ist noch Energie da. Ja, jetzt wirkt die halbe Banane!

42,15 Kilometer: Schnell auf den letzten Metern Richtung Ziel. Ein asiatischer Läufer hinter mir stößt einen tiefen Schrei aus und drückt mich so ins Ziel. Die große Anzeige mit der Bruttozeit zeigt 3:58 und ein bisschen.

42,195 Kilometer: Fertig.

42,225 Kilometer: Ich bekomme eine Medaille und ein Handtuch geschenkt.

42,260 Kilometer: Ich bekomme eine Plastiktüte mit einem Getränk, einem Energieriegel, einer Mandarine und einigen Werbebeilagen. Eine Flasche Olivenöl ist auch drin. Wie praktisch. Prost.

Das war's dann auch. Ich war natürlich ziemlich froh, am Ziel angekommen zu sein. Der Begeisterung im Ziel stand nach einigen Augenblicken ein leichtes körperliches Unbehagen gegenüber: Ich hatte Durst, mir war tierisch kalt, außerdem war es in dem Gedränge schwierig, meinen Schatz und die anderen wieder zu finden, die wärmende Klamotten mitführten. Aber wir haben uns schließlich gefunden, und nach den anschließenden Formalitäten mit Rückgabe der Startnummer, Ausgabe der Urkunde, Rückgabe des Zeitmesschips und so weiter ging's endlich ins warme Auto, das natürlich direkt vor dem Eingang der Anlage wartete. Für das nächste Jahr besorgen wir uns Sponsorenaufkleber!

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Seit gestern Mittag schmerzt nun mein Knie beim Beugen und Strecken und ansonsten bin ich etwas müder als sonst. Darüber hinaus gibt's aber Gott sei Dank nichts zu beklagen. Zwischen Kilometer 24 und 36 war ich relativ sicher, nie wieder einen Marathon zu laufen. Inzwischen würde ich es nicht mehr kategorisch ausschließen. Wer macht mit?

Samstag, 28. November 2009

Turbo-Pillen?

Für etwas Verwirrung sorgt heute Abend ein kleines Röhrchen mit merkwürdigen Pillen, das ich mit den Utensilien für den Marathon bekommen habe. Beipackzettel natürlich nur auf Chinesisch, auch sonst kein Hinweis auf Anwendungsfälle und Nebenwirkungen. Ob's so eine Art chinesisches Viagra für die Waden ist?! Äußerst vorsorglich habe ich auf die Einnahme verzichtet. Nicht dass mir beim möglichen Dopingtest deswegen noch jemand ans Bein pinkelt.

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Ansonsten läuft die Vorbereitung: Die Startnummer ist mit dem Trikot vertaut (Ich bin der in gelb!), der Zeitmesschip mit den Schuhen verlötet, heute Abend gab's - wie immer diese Woche - Nudeln, und stolline - als mein größter Fan - ist inzwischen mit dem Streckenverlauf mehr als per Du. Der Wetterbericht sagt für morgen früh leider leichten Regen voraus, auf Gummistiefel werde ich trotzdem nicht umsteigen.

Jetzt noch eine ruhige Nacht, dann geht's los.

Mittwoch, 25. November 2009

Hochzeit voraus

Die Tochter unseres Fahrers heiratet - und wir sind zur großen Feier eingeladen! Gestern kam die Einladung, Gott sei Dank mit englischen Untertiteln für uns zwei Quasi-Analphabeten aus dem fernen Westen. Am 5. Dezember steigt die große Sause hier in einem Hotel in Shanghai, 150 Gäste werden erwartet. Hochzeiten werden in China immer groß gefeiert!

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Das Faszinierende an der Einladungskarte ist, dass das angehende Brautpaar auf der Innenseite bereits in voller Montur zu sehen ist. (Ich meine wirklich nicht die Zeichnung auf der Vorderseite!) Das hat man hier oft so: Braut und Bräutigam ziehen bereits vor Ihrem großen Tag in schwarz und weiß (manchmal leider auch in pink) zum Fotomann, um sich ablichten zu lassen. So können sie schon vorab eine Blume ein Bild von sich in ihre Einladungskarten kleben. (Als Gast weiß man so immerhin vorher, auf was man sich einlässt. Und am Festtag selbst kann man leicht feststellen, ob man auf der richtigen Feier ist!)

Dass wir eingeladen wurden, ist überhaupt kurios. Wir wussten ja schon seit einigen Monaten, dass im Hause unseres Kutschers irgendwann die Hochzeitsglocken läuten. Anfang der Woche hatten wir dann mal nach dem Termin gefragt, um herauszufinden, wann wir in den nächsten Wochen mit unserem Auto planen können. Daraufhin wurden wir gefragt, ob wir denn auch kommen wollten. Offenbar hatte es in der Familie schon Diskussionen gegeben, ob man uns einladen sollte oder nicht, ob uns als einzigen Langnasen die Feier überhaupt zuzumuten sei, ob wir uns dann genötigt fühlen würden und so weiter. Also haben wir gesagt, dass wir gerne kommen würden, wenn es gewünscht wäre. (Zumindest haben wir alles versucht, um das so zu sagen. Konjunktiv inklusive.) Jedenfalls kam dann am nächsten Tag die Einladungskarte. :-)

Nun sind wir also schon sehr gespannt, was uns erwartet. Hoffe, unser Fahrer wird nicht die ganze Feier lang trocken bleiben, weil er uns danach noch nach Hause fahren will!

Montag, 19. Oktober 2009

Super Oktoberfest im Paulaner 2009

Auch wenn wir dieses Blog dann endgültig in "Shanghai Bierfest"-Blog umbenennen müssen, hier ein paar Imressionen des sehr gelungenen gestrigen Abends beim Oktoberfest im Paulaner in der Fenyang Lu. Da wir in den letzten Wochen ja schon das eine oder andere Bierfest hier in Shanghai besucht haben, trauen wir uns durchaus einen Vergleich der bierseligen Veranstaltungen zu. Und müssen zu dem Ergebnis kommen, dass das gestern einfach spitze war! In allen Kategorien volle Punktzahl, würde ich sagen. (Außer vielleicht bei "hygienische Situation auf den Herrentoiletten", was man so hört...)

Statt dem sonst obligatorischen Festzelt-Buffet gab es im Paulaner ein kleines Menü (Salat, Würstplatte mit Kraut, Rote Grütze), das sich als äußerst schmackhaft erwies. Auch ohne korrespondierende Bretzeln und Brotkorb wäre sicherlich niemand hungrig nach Hause gegangen. Das vor Ort nach deutscher Rezeptur gebraute Bier im Paulaner ist ja ohnehin das beste in Shanghai, so dass man hier auch nicht(s) aussetzen konnte.

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Besser als auf den anderen Festen hat uns "die Musi" gefallen. Die eigens aus München eingeflogenen Kirchdorfer Musikanten trafen sehr gut den Rhythmus des anwesenden Volks. Nach traditionellem Blasmusik-Auftakt gaben die Herren samt Frontfrau richtig Gas, so dass sich die (etwas kleine) Tanzfläche schnell füllte. Wir mussten allerdings lernen, dass man nach zwei Jahren ohne Deutschland bei aktuellen Liedern nicht ganz textsicher ist. ("Hast Du das schon mal gehört?" - "Du??") Ein weiterer Grund, doch bald nach Deutschland zurück zu kehren. Der "Griechische Wein" wird aber Gott sei Dank immer noch mit Originaltext gesungen.

Unserem Weilbacher Damen-Trio schien es auch zu gefallen. Zusammen mit stolline bildeten sie ein sehenswertes Quartett! Für weibliche Besucher von Bierfesten in Shanghai sind Dirndl inzwischen ja fast schon Pflicht, auf dem Stoffmarkt gehören sie im September und Oktober sicherlich schon zu den beliebtesten Kleidungsstücken. Auch die anderen Mädels (oder heißt es traditionell "Madeln"?) an unserem Tisch konnte man in Tracht betrachten. Die Dichte an Lederhosen bei den männlichen Besuchern war dagegen nicht nur an unserem Tisch deutlich geringer. (Aber alle, die Lederhosen trugen, waren am Ende deutlich dichter. Korrelierend?)

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Wir hatten also einen sehr schönen Abend und einen würdigen Abschluss (vermutlich) der Oktoberfest-Saison in Shanghai. Das nächste Jahr müssen wir wohl nach München, um das Original zu erleben!

Ach so: Deutsche Feste bedeuten für chinesische Teilnehmer ja immer auch ungeahnte Möglichkeiten, den eigenen Horizont zu erweitern und sich bei ganz alltäglichen Dingen fortzubilden. Gestern Abend beispielsweise haben einige Chinesinnen gelernt, dass man eine leere Bierbank nicht an der schmalen Seite besteigen kann. Auch nicht, wenn man (bei maximal zierlichen 46 Kilo Kampfgewicht) vorher zwei Maß getrunken hat! Soweit wir das beobachten konnten, hat sich zumindest keine verletzt. Ist ja irgendwie auch Teil der Gaudi, wenn man immer und immer wieder laut kreischend von der Bank stürzt. Die hatten Spaß!

Sonntag, 20. September 2009

Shanghai Oktoberfest 2009

Gestern Abend waren wir beim Shanghai Oktoberfest des Renaissance Hotels. Das Essen war lecker, Bier gut, die Musik abwechslungsreich und die amtierende "Miss Oktoberfest Shanghai" haben wir auch gesehen, so dass wir einmal mehr einen netten Abend unter weiß-blauem Zeltdach erleben durften. Es sieht so aus, als könnte sich das Phänomen Oktoberfest neben Fastnacht als weiterer Pfeiler in unserem Jahreskreis etablieren.

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Man ist ja jedes Mal völlig überrascht, welche kulturellen Highlights so ein Fest mit sich bringt! Von den chinesischen Besuchern werden Vorführungen im "Goaßlschnalzen" (sowas mit Peitschen), Bierwetttrinken, Alphornblasen und Schuhplattlern natürlich interessiert aufgesogen. Als nördlich des Weißwurst-Äquators geborener Mitteleuropäer könnte man auf das eine oder andere vielleicht sogar verzichten, wenn statt dessen einfach Musik gespielt würde. Aber hier gibt es eben die volle Bandbreite bajuwarischer Fröhlichkeit.

Montag, 24. August 2009

JunggesellINNENabschied – oder: Wer hat mehr Durchhaltevermögen?

Auch wir Mädels hatten an diesem Abend nicht unter Durst zu leiden und können einen tollen Abend, eine klasse Nacht und auch noch einen guten Morgen verzeichnen! Soviel mal vorweg.

Ganz im Gegenteil zu den Jungs fing es bei uns am Samstag ab 16 Uhr sehr gemütlich an. Es wurde nämlich erst mal eine Flasche Sekt geköpft - und das nicht irgendwo, sondern in einem der angesagtesten SPA-Clubs der Stadt. Eine Stunde Massage, danach Pediküre und Maniküre, damit wir uns alle schön, relaxed und gepflegt in die Nacht stürzen können. Ich muss zugeben, es ist auch bei uns nicht bei der einen Flasche Sekt geblieben, sodass wir bereits ausgelassen guter Laune gegen 20 Uhr unser Restaurant in der Taikang Lu, einem schönen Künstlerviertel, angesteuert haben.

Nach dem Abendessen wurde unsere Braut, ausgestattet mit einem wunderbaren selbstgemachten Schleier, in ihre Aufgaben für diese Nacht eingeweiht. Voller Unternehmungsdrang hatte sie die erste, den Verkauf von chinesischen Glücksbringern, erledigt und noch im Restaurant die Talismänner an die echten Männer gebracht und damit unsere bescheidene Kasse aufgefüllt.

Xiantiandi war unsere nächstes Ziel und das Paulaner unsere erste Anlaufstelle dort. Nur das Bier ging nicht so an uns ran, zum Glück bietet die Getränkekarte aber auch andere flüssige Köstlichkeiten, die einem zarten Frauenmagen besser bekommen. Kein Wunder, dass wir irgendwann die erste Polonaise außerhalb der närrischen Zeit anführten. Die Chinesen fanden's Klasse – wir auch! Die letzte Runde B52 mussten wir den armen Kellnern, die um uns herum bereits gekehrt und alle Stühle auf die Tische gestellt hatten, mit geübtem Verhandlungsgeschick abschwatzen. Es war doch erst kurz nach 2 Uhr, die Nacht also noch jung! Außerdem waren noch jede Menge Aufgaben in Michaelas Täschchen.

Frohen Mutes ging es sogleich weiter ins Brown Sugar, gleich nebenan. Bloß keine kostbare Zeit mit Wegstrecke verlieren. Leider war hier auch schon Aufbruchstimmung, doch was konnte uns das anhaben?! Man glaubt gar nicht, wie schnell sich so eine Tanzfläche füllt, wenn erst mal eine Horde von elf Mädels einfällt. Wir hatten Spaß mit den verbliebenen Gästen. Michaela auch! Spätestens als Ihr nach und nach rote Rosen von den männlichen Besuchern überreicht wurden, gab's kein Halten mehr. Wer kann schon von sich behaupten, schon mal auf dem Rücken eines Mannes gesessen zu sein, der gerade Liegestütze macht?!?

3:15 Uhr und immer noch keine Anzeichen von Müdigkeit. Die Mädelstruppe war noch fast vollzählig und wir steuerten bereits die nächste Location an, als sich der zukünftige Bräutigam bei der Braut verzweifelt meldete. Der Arme war schon müde (macht Bier etwa müde?) und wollte nach Hause, hatte aber im Eifer des Gefechts am Nachmittag seinen Schlüssel vergessen. Naja, wir haben Mitleid gezeigt und die verbliebenen 3 Jungs (von 13, da vertragen einige wohl doch nichts, was?!) eingeladen doch einfach noch mit uns ins Velvet, einer bekannten Late-Night-Bar, mitzukommen. Wir sind ja nicht so.

Was soll ich sagen, es war selbst um diese doch eher frühe Uhrzeit noch recht feuchtfröhlich. Gewundert haben wir uns nur, als es gegen 5:30 Uhr langsam hell wurde. Störte aber auch nicht weiter, solange die Bar noch offen hatte und die Musik noch spielte. Doch auch hier mussten wir eine gute Stunde später feststellen, dass diese Late-Night-Bar geschlossen wird. Gut, war ja auch eher early morning als late night. So haben wir dann wohl oder übel die vergangene Partynacht bei einem McDonalds Frühstück Revue passieren lassen.

Wer heiratet als nächste, Mädels? It's worth it!

Sonntag, 23. August 2009

Junggesellenabschied: Versuch eines Protokolls

Inzwischen können wir schon wieder feste Nahrung zu uns nehmen, deshalb an dieser Stelle ein erster Bericht vom gestrigen Abend. Man kann sicherlich ohne Übertreibung behaupten, dass wir Spaß hatten. Hier im einzelnen das Protokoll des Abends aus Sicht der Herren:

14:49 Uhr: Im Wohnzimmer des Bräutigams in spe vervollständigt sich das Teilnehmerfeld. Die vom Gastgeber großzügig bereitgestellten Corona-Flaschen finden schnell Abnehmer. Gnade kann er dafür aber nicht erwarten.

15:13 Uhr: Die Truppe ist komplett. Der Hauptperson des Abends wird feierlich ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "Game Over" überreicht. Das dankenswerterweise von der Frau des Hauses geschossene breitformatige Gruppenfoto verdeutlicht die harmonische Zusammensetzung der Bande.

15:29 Uhr: Die Meute setzt sich in Bewegung. Der um die Ecke eigens bereitgestellte Bus chinesischer Bauart wird in Beschlag genommen. Niedliche Snoopy-Schonbezüge sorgen kurzzeitig für Erheiterung. Während die Letzten einsteigen, werden im Heckbereich die ersten Flaschen Tsingtao entkorkt.

15:51 Uhr: Trotz schlaglöchriger Straßen erfüllen die mitgebrachten Becher ihren Zweck. Dass der Junggeselle noch immer an seinem ersten Bier nippt, wird sofort enttarnt. Der kurz zuvor zum Alterspräsident bestimmte Bernd ordnet eine neue Runde Getränke an.

16:00 Uhr: Wir erreichen pünktlich unser Ziel, das Hongkou-Stadion. Allerdings auf der falschen Seite. Der ebenso willige wie ortsunkundige Busfahrer startet einen neuen Versuch, entfernt sich und uns dabei aber signifikant vom eigentlichen Ziel.

16:19 Uhr: Unter anerkennendem Gehupe anderer Verkehrsteilnehmer wendet der Bus auf der vielbefahrenen dreispurigen Straße vor dem Eingang zum "Laserquest". Zehn zu allem entschlossene Männer voller Bewegungsdrang bahnen sich ihren Weg in die Arena.

16:32 Uhr: Nach einer kurzen Einführung beginnt das erste Match des Nachmittags. Zwei Teams à fünf Personen duellieren sich im dunklen Raum mit Laserpistolen als wenn es kein Morgen gäbe.

16:50 Uhr: Das Ergebnis des ersten Spiels steht fest: Alle schwitzen wie Elche in der Mittagssonne. Bei einem kühlen Dosenbier redet man sich den Frust über die technischen Fehlfunktionen der eigenen Laserwaffe vom Herzen.

17:01 Uhr: In derselben Besetzung folgt das zweite Spiel. Das Pausenbier beschert einigen Schützen eine ruhigere Hand.

17:20 Uhr: Zum Spielende sind erste Ausfälle zu beklagen: Ein Mitspieler kühlt sich den geschundenen Knöchel mit einer Dose Cola vom Eis. Der Flüssigkeitsverlust lässt sich in den kurzen Spielunterbrechungen kaum ausgleichen. Zwischen schweißgetränkten T-Shirts sieht man die ersten entblößten Oberkörper.

17:33 Uhr: Ein letztes Duell mit kleineren Teams offenbart die taktische Gereiftheit der Truppe.

17:52 Uhr: Der Bus fährt die transpirierende, aber selige Horde zu ihrem nächsten Ziel, dem Paulaner in der Fenyang Lu. Unterwegs werden die letzten Bierreserven ihrer Vernichtung zugeführt.

18:41 Uhr: Dem jungen Eheanwärter steht die erste Probe ins Haus: Ein Maßkrug Frischgezapftes will mit zwei Strohhalmen geleert werden. Motiviert durch herzliche Anfeuerungsrufe ("Hau wech die Pfütze!") ertrinkt er sich in wenigen Sekunden den Respekt seiner Begleiter. Darauf muss angestoßen werden.

19:27 Uhr: Auch die zweite Aufgabe bewältigt der angehende Göttergatte mit Bravour: In wenigen Minuten organisiert er eine Runde Jägermeister für die durstige Plage. Für die Zusage, keine anderen Gäste in irgendwelche Spielchen zu verwickeln, lässt die diensthabende Managerin ein Tablett kräuterhaltiger Spirituosen ausschenken. (Reaktion auf unsere Erklärung des Phänomens Junggesellenabschied: "I respect your culture – but it's strange.")

19:49 Uhr: Nach einer abschließenden Runde geht’s zurück in den Bus, der aber zunächst verschollen ist. Nach einigen Minuten und Telefonaten kommt der Busfahrer zu unserer Verwunderung aus dem Paulaner. Vom vielsitzigen Gefährt allerdings immer noch keine Spur. Daraufhin legen wir einen sportlichen Fußmarsch zurück, um unser Snoopy-Mobil zu erreichen. (Der direkte Weg zur nächsten Station wäre wohl kürzer gewesen.)

20:02 Uhr: Ausgelassene "Humba, Humba"-Gesänge erschüttern Bus und Fahrer in ihren Grundfesten.

20:13 Uhr: Ankunft im brasilianischen Restaurant auf der Hengshan Lu. Das fleischlastige Angebot zum "All you can eat"-Preis trifft den Geschmack der lustigen Meute. Darauf muss angestoßen werden.

20:35 Uhr: Der durch die Kellner vorgegebene hohe Takt beim Essenfassen bringt den Zeitplan ins schwimmen. Die nächste Location kann bereits deutlich früher anvisiert werden.

21:03 Uhr: Vor dem übrigen Party-Volk treffen wir im Lieblingsclub des Heiratswilligen ("Zapatas") ein. An der Bar im oberen Stockwerk finden wir ein feines Plätzchen. Darauf muss angestoßen werden.

21:38 Uhr: Die Tanzfläche um uns herum füllt sich langsam – zunächst allerdings nur mit drei Russen mit homoerotischer Ausstrahlung.

21:51 Uhr: Der werdende Bräutigam sucht sich im Rahmen einer weiteren Aufgabe einen mutigen Chinesen für ein "Drei-Sekunden-Bier" und macht uns im direkten Vergleich erwartungsgemäß keine Schande. Darauf muss angestoßen werden.

22:40 Uhr: Es füllt sich in jeglicher Hinsicht. Ideale Voraussetzungen für eine weitere Probe auf dem Weg in die Ehe: Innerhalb weniger Minuten schneidet der Eheanwärter drei jungen Damen die Labels (altdeutsch "Schildchen") aus der Unterwäsche. Darauf ... ist nichts mehr zum Anstoßen da.

23:00 Uhr: Erneut setzt sich der Bus in Bewegung. Mit an Bord sind ein Holländer und ein Chinese. Im Laufe des Abends kann nicht mehr eindeutig geklärt werden, ob wir die beiden eingeladen oder entführt haben.

23:16 Uhr: Ankunft in der Tongren Lu, der berüchtigten Amüsiermeile von Shanghai. Zunächst herrscht Uneinigkeit bei der Wahl des richtigen Ladens. Von schwarzen Ledersofas aus verfolgen wir schließlich das Treiben.

23:27 Uhr: Verantwortlich für die Unterhaltung seiner Begleiter versucht sich der Hauptdarsteller unter anerkennendem Applaus beim Pole Dancing. Darauf muss angestoßen werden.

23:29 Uhr: Trotz größter Verrenkungen an der Stange wird dem Nachwuchstalent kein Geld zugesteckt, mit dem wir weitere Drinks hätten finanzieren können. (Hier zeigt die Wirtschaftskrise ihr finsteres Gesicht!)

00:54 Uhr: Beim Wechsel von einer in die andere Bar kommt es zu ersten Ausfällen.

01:29 Uhr: Die Situation wird im zunehmenden Gedränge immer unübersichtlicher. Es wird immer öfter ohne konkreten Grund angestoßen.

01:42 Uhr: Bei den anwesenden Damen mit Gewinnerzielungsabsicht stößt die nach wie vor uneingeschränkte Eheschließungsabsicht unseres Noch-Junggesellen für Unverständnis und ein kleines bisschen Bewunderung.

03:05 Uhr: Mehrere Ortswechsel haben die tapfere Gruppe nun fast völlig aufgerieben. Am Ende bleibt ein harter Kern an der Seite des Titelhelden, um in einer Bar mit Tinitus provozierender Live-Musik ein letztes Getränk zu nehmen.

03:35 Uhr: Während eines Telefongesprächs mit seiner Zukünftigen – der frische Eheanwärter hatte unglücklicherweise keinen Haustürschlüssel dabei – verständigt man sich auf eine Zusammenführung der übrig gebliebenen beider Lager in der "Velvet Lounge".

04:02 Uhr: Beim Zusammentreffen der Eheleute kennt die Freude kaum Grenzen. Im Vergleich zu den hartgesottenen Kerlen aus dem Gefolge des Bräutigams sehen die Damen noch überraschend frisch aus.

05:20 Uhr: Während bei einem allerletzten Getränk allerseits ein positives Resümee des Abends gezogen wird, geht über Shanghai die Sonne auf.

Samstag, 22. August 2009

Junggesellenabschied auf Chinesisch

Für Nachmittag und Abend haben sich große Dinge angekündigt: Einem befreundeten deutschen Pärchen helfen wir und andere durch einen zünftigen Junggesellenabschied nach deutschem Vorbild auf dem Weg in die Ehe, die in einigen Wochen dann auf deutschem Boden geschlossen wird. Braut und Bräutigam werden dafür natürlich getrennt und über Stunden verschiedenen Prüfungen unterzogen. Noch verraten wir natürlich nichts.

Ein bisschen speziell muss das Programm 10.000 Kilometer fern der Heimat natürlich schon sein, denn klassische "Aufgaben" würden hier womöglich nicht funktionieren. Obwohl es vielleicht ganz lustig wäre, die mit einem bunten Bauchladen ausgestatteten Eheanwärter zwischen all den fliegenden Händlern ("Watchbagdvd?") auf der Nanjing Lu zu sehen. Dass dabei allerdings genug bei rumkommt, um die durstige Meute den Abend lang über Wasser zu halten, muss bezweifelt werden. Hier wird schließlich um jeden Cent gefeilscht. (Das war allerdings bei meinem Junggesellenabschied in der Frankfurter Innenstadt auch nicht anders. Und das war deutlich vor der Wirtschaftskrise!)

Denke, wir werden morgen von beiden Touren berichten.

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